Die Diagnostik der Knochen- und Weichteiltumore ist aus folgenden Bausteinen aufgebaut:
1. Anamnese
Befragung des Patienten und Sammlung vorhandener Befunde
Wann wurde die Schwellung zum ersten Mal bemerkt?
Traten Symptome auf und wenn ja welche?
Abfrage B-Symptomatik (z. B. Nachtschweiß)?
Wann wurde diesbezüglich erstmals ein Arzt aufgesucht?
Welche Befunde wurden bis dahin erhoben?
Welche Vor- oder Nebenerkrankungen bestehen?
Vollständige Familienanamnese in Bezug auf Malignome.
Sozialanamnese
2. Körperlicher Untersuchungsbefund
Die Untersuchung erfolgt inspektorisch, palpatorisch und funktionell:
Beschreibung von sichtbaren Schwellungen, Hautveränderungen, Schwellungen und anderen auffälligen Befunden. Dabei sind objektivierbare Angaben zu verwenden, wie z. B. Zentimeterangaben o. ä.
Überprüfung und objektivierbare Beschreibung der Qualitäten: Motorik / Sensibilität / Perfusion.
Fotodokumentation der betroffenen Region.
3. Bildgebende Verfahren
Sonographie
Ist der Befund umschrieben (< 5 cm), im subkutanen Fettgewebe lokalisiert und gut verschieblich gegen die Unterlage sowie eine weitere Ausdehnung in tiefer reichende Strukturen extrem unwahrscheinlich, ist eine sonographische Abklärung ausreichend. Dabei kann diese Untersuchung keine Hinweise auf die Dignität liefern. Vielmehr eignet sie sich bei den viel häufigeren benignen subkutanen Raumforderungen allein als Ausbreitungsdiagnostik.
Röntgen
Bei dem Verdacht auf das Vorliegen von Knochentumoren ist die konventionelle Röntgendiagnostik unerlässlich. Sie ermöglicht in vielen Fällen eine klare Abgrenzung zwischen benignen und malignen Prozessen. Liegt beim Verdacht auf ein Weichteilsarkom bereits eine aussagekräftige MRT vor und ergibt sich in dieser Untersuchung kein Anhalt für eine Knochenbeteiligung, kann auf die konventionelle Röntgendiagnostik verzichtet werden.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Bei allen anderen Befunden ist die Ausbreitungs- bzw. Abklärungsdiagnostik mittels MRT mit Kontrastmittel erforderlich. Die MRT gilt als hochsensitiv aber wenig spezifisch. In der Diagnostik mittels MRT existieren sogenannte MRT-Kriterien, die Hinweise auf das Vorliegen eines Malignoms liefern können, aber bei der Weichteil-MRT nicht beweisend sein können (Diagnostische Lücke, Ursache für die Notwendigkeit einer Gewebegewinnung). Bei primären Knochentumoren gilt die Untersuchung als Abklärung einer möglichen zusätzlichen Weichteilkomponente.
Computertomographie (CT)
Die CT ist die Untersuchung der Wahl bei suspekten Knochenbefunden aus der konventionellen Röntgendiagnostik. Sie stellt die Alternativdiagnostik dar, insofern bei Weichteilbefunden Kontraindikationen für die Durchführung einer MRT bestehen.
Staging-Untersuchungen
CT Thorax/Abdomen
Aufgrund der Tastsache, dass die Sarkome überwiegend hämatogen und in die Lunge sowie nachrangig in die Leber metastasieren, ist bei einem Sarkomverdacht mindestens eine CT Thorax/Abdomen einzuholen.
Sklettszintigraphie
Der Wert einer Sklettszintigraphie wird uneinheitlich bewertet. Ihr kommt eine ergänzende Rolle bei unklaren intraossären Befunden und der Beurteilung einer knöchernen Metastasierung zu.
4. Histologische Sicherung
Die Biopsie erfolgt bei Verdacht auf ein Weichgewebssarkom nach der bildgebenden Diagnostik, nicht vorher. Ziel ist es, ausreichend repräsentatives Tumorgewebe für die histopathologische, immunhistochemische und molekularpathologische Klassifikation zu erhalten. Die Biopsie sollte zweckmäßigerweise an der Institution erfolgen, an der auch die weitere interdisziplinäre Therapie vorgehalten wird. Sie soll mit dem Sarkom-erfahrenen Operateur geplant werden, der die definitive Tumorresektion durchführt. Mögliche Verfahren sind die offene Inzisionsbiopsie oder die bildgebend gestützte Stanzbiopsie. Aus onkologischen Zentren wird über eine diagnostische Sicherheit der Stanzbiopsie von bis zu 97% berichtet. Sie sollte aber in interdisziplinärer Absprache mit dem späteren Operateur, den Strahlentherapeuten und mit dem Pathologen erfolgen.
Ist in dem jeweiligen onkologischen Zentrum die Technik der Stanzbiopsie nicht hinreichend etabliert, sollte die Inzisionsbiopsie gewählt werden. Eine Feinnadelaspirationsbiopsie ist in der Sarkom-Diagnostik zumeist nicht ausreichend und daher nur in wenigen ausgewählten Fällen und nur an spezialisierten Zentren vertretbar.
Ist die Indikation für eine Inzisionsbiopsie gestellt soll sie unmittelbar, d. h. innerhalb der nächsten 5 Tage erfolgen. Der Eingriff wird in Allgemeinanästhesie, ggf. auch in Plexus- oder Spinalanästhesie durchgeführt. In Abhängigkeit von der Compliance des Patienten und der Entfernung zwischen Wohnort und UKSH, ist es möglich den Eingriff ambulant/tageschirurgisch im AOZ stattfinden zu lassen. Ansonsten ist der stationäre Aufenthalt i. d. R. auf eine Nacht beschränkt. Die OP ist an erster Stelle im OP zu planen, da eine unmittelbare Weiterverarbeitung der Biopsie in der Pathologie gewährleistet werden muss.
Referenzpathologie
Die Typisierung von Weichgewebstumoren erfolgt gemäß phänotypischer Differenzierungsmerkmale des jeweils vorherrschenden Zelltyps, ergänzt durch immunhistochemische und molekularpathologische Untersuchungsmethoden zur Typisierung und zur Bestimmung der Subtypen. Zahlreiche Untersuchungsmethoden werden nur in spezialisierten Zentren vorgehalten. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den Weichteil- und Konchensarkomen um seltene Tumorentitäten handelt und insbesondere die entdifferenzierten Sarkome mikroskopisch als überwiegend spindelzellige Tumore imponieren, stellt die definitive histopathologische Einordnung dieser Tumore eine Herausforderung dar. Fehldiagnosen sind nicht selten. Der Lehrstuhl der Paidopathologie ist mit zusätzlicher Expertise auf dem Feld der Weichteil- und Knochenpathologie ausgeschrieben. Daher verfügt der Campus Kiel über eine ausreichende Expertise. Aus dem Institut für Pathologie heraus soll entschieden werden wann und in welchem Umfang Referenzpathologien eingeholt werden müssen.
5. Algorithmus der Diagnostik bei Sarkomverdacht
Häufig bringen Patientinnen und Patienten bereits erhobene Befunde oder Berichte über Vorbehandlungen zur Erstvorstellung ins Zentrum.
Diese Befunde sind in den in Abb. 4 dargestellten Algorithmus einzureihen. Prinzipiell ist diese Abfolge, neben der o. g. allgemeinen Diagnostik wie Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund, einzuhalten. Abweichungen müssen begründet und dokumentiert werden, wie z. B. Ablehnung durch die Patientin oder Patienten im Rahmen des ‚Shared-Decision-Making-Programms’ (Partizipative Entscheidungsfindung) oder zwingende medizinische Gründe.